Die Weihnachtskrippe


So wie jedes Jahr beschloss ich auch heuer wieder, eine Weihnachtskrippe zu bauen.
Dazu brauchts erst mal verschiedenste Naturalien, die ich zu besorgen hatte.
Das Schnitzholz war besonders schnell gefunden, da ja am Vor-Tag des Weissen Windes so ein Sturm über das Land gefegt war, daß die Linden schon freiwillig ihre Äste für mich abgeworfen hatten !
So ein weitverzweigtes 3m Stück aufgeschultert, wankte ich in der Dämmerung durch die Nachbarschaft, ziemlich dusselig im Kopf, wies halt zur jener Zeit war mit mir.
Es war nicht ganz ungefährlich, weil die Straße ziemlich eng , und da die Nachbarshexe ein Schild aufgemacht hatte mit "Achtung Elch!", konnte das den Jägersnachbar, wenn er von hinten mit dem Auto ankam schon auf dumme Gedanken schließen lassen !
Und manches mal haben sich die Enden in den Bäumen am Straßenrand verfangen, was - wenn man in meinem Tempo dahinglitt - schon einen ziemlichen Rückschnalzungseffekt ergibt ! Jedoch hats mich nie wirklich umgerissen, und nach bangen 32 min war ich sicher vor meiner Haustür angelangt.
Und die Katzen blieben mit weit aufgerissenen Augen sprachlos stock-steif stehn, während ich das schöne Stück in den Heizraum zerrte.

So. Das war das wichtigste Stück. Nun brauchte ich noch ein hübsches aufregendes Rindenstück, auf dem die Heiligen Drei Leute dann posieren würden. Ehrfürchtig natürlich. Und so wankte ich täglich meine Runden durch die nahen Wälder, schön langsam, weil eben nicht ganz klar im Kopf, wider Erwarten drehten sich nämlich die Wälder um mich ...
Und ich begutachtete die aufgestappelten Holzscheiter, ob sie denn auch eine brauchbare Rinde abgeben würden.
Lange wohl schlich ich um den einen Haufen herum, die Weidenrinden waren schon mal bissi interessant. Sie lösten sich auch leicht ab und ich versteckte sie - ganz unauffällig natürlich - hinterm Holzstoß. Einzig die Nachbarn vom Berg oben schienen ziemlich oft am Fenster vorüberzugehn ....
Kein Wunder allerdings, mußten sie doch schon einmal erleben, wie vor einem Jahr über Nacht ein Schneeadler, ein Schnee-Alien und ein Schnee-Buddha in ihrer Wiese saßen.
Ja, so ein Sternengeschwisternbesuch geht halt nicht ohne Spuren ab.

Damit es nun nicht gar zu auffällig wurde, wankte ich wie in Zeitlupe noch ein Stück dahin, bis der Weg wieder in den Wald reinführte. - Und siehe da - hier war mein perfektes Rindenstück !! Auf einem geschnittenen Birkenstamm drauf. Mit ganz rauher Form und verschiedenen Moosen und Flechten drauf! - Genau dieses war für mich !
Gut merkte ich mir die Baumstämme, wie sie kreuz und quer am Boden lagen, denn ich würde wiederkommen, mit der Säge - allerdings im Finstern, um nicht unnötig Aufsehen zu erregen. Zumal ich nicht wußte, wem der Wald hier gehörte und ja um diese Zeiten schon manche Christbaumwilderer unterwegs waren ...



Glücklich und entspannt also floss ich geraden Weges nach Hause, wartend auf die Dunkelheit, um mit meiner grossen Säge auszurücken. Punkt 20 h also verabschiedete ich mich von meinem Chatbruder, um das Rindenstück holen zu gehen.
Und vor der Haustür angekommen, stellte ich fest, diese Nacht war ideal, da es so stockfinster war, daß ich meine eigene Hand nimmer sah. Und so schritt ich leise und raschen Schrittes los, das kurze Stück auf der Straße, umsogleich in den Wald hineinzubiegen. Absolut still war es, und einzig die Bodenstruktur fühlend, war meine Orientierung. Als Schutz vor den bösen Gespenstern hielt ich die große gefährliche Säge hoch vor mir.
Und als ich gerade so mitten im Wald war, allein mit dem Rauschen und Gluckern des Baches, da sah ich aufeinmal einen Lichtschein auf mich gerichtet! Entblößt fühlte ich mich und schnell ging ich hinter einen Baum, um die große Säge irgendwo zu verstecken. - Da war allerdings nix ausfindig zu machen, und als der Lichtschein immer näher kam, beschloss ich, das gute Stück in meiner Jacke zu verstecken. - War ja gar nicht so leicht, es mit seinen groben Zacken da reinzubringen!
Und damit sie unten nicht vorlugte, war heroben beim Hals noch ein kleines Stück des gelben Metallbügels zu sehen. - Naja. Kann ja ein Schmuckstück sein. Kaum den Reißverschluß zugemacht, stand auch schon der Herr Jägersnachbar vor mir, mit seinem Hund, und leuchtete ununterbrochen auf mein Gesicht und meinen Hals. Ziemlich erstaunt fragte er, was ich denn hier um die Zeit noch mache, und ob ich das öfters täte. "Klar" sagte ich, "bissi frische Luft brauch ich noch" und da ich im Krankenstand wegen Zeckenbiss war und nur bis 16 h Ausgang hatte, und diese Zeit meistens verschlief, mußte ich also im Finstern rumschleichen. Ja, das verstand dieser Naturbursch vollkommen. Und er zeigte mir an seinem großen Sennenhund, wie er gegen Zeckenkrankheiten vorbeugte, und daß halt so Hunde-Zeckenbänder wirklich empfehlenswert sind ...

Naja und kurz bevor ich mich verabschieden wollte, um endlich zu meinem auf mich wartenden Birkenrindenstück zu eilen, eröffnete mir der hilfsbereite Nachbarsmann, was er grad beschlossen hatte: "Weißt was du, ich komm mit dir mit, weils ja so finster is heut und du hast kein Licht für den Weg!" Iaaahh !! entfuhr es mir ... natürlich im Stillen ... und so kam es, daß ich mit dem Jägersmann und seinem Hund meine Säge unter der Jacke spazieren führte ...
Und Wegstück für Wegstück weihte er mich in das Jägerswissen ein. Sagte mir, an welcher Stelle die Rehe die den Weg überquerten, zum Bach hinunter. Und als im Schein seiner Lampe dann ein Hase rüberhopste, machte er mich auf seinen Hund aufmerksam, der dann alsbald zum schnuppern anfangen würde ...
Und dann der leicht übelkeitserregende Duft in der Luft deutete drauf hin, daß hier in den letzten 10 min der Fuchs vorübergegangen war ... er richtete den Lichtschein zu Boden, damit ich die Spur sehen könne. Mit den Fingern sollte ich sie austasten, jedoch mußte ich ihm erklären, daß ich starke Rückenschmerzen hatte und mich (aber eigentlich viel mehr wegen der starren Säge von Hals bis Becken) nicht bücken konnte ...

Endlich zuhause angekommen, dieses starre Ding von meinem Körper wegmachte, und ganz erledigt von dem weiten Weg, mußte ich meinem wartenden Chatbruder mitteilen, daß ich jetzt das ganze nochmal machen durfte ... Und der Weg begann von vorn ...
-Ritsch-ratsch und in wenigen Zügen war das Rindenstück in meiner Hand ... heim damit und wohl verdient legte ich es auf den Ofen, wonach ich feststellte, daß sie sich eigentlich ganz leicht von Hand ablösen lassen hätte, und ich mir somit die Sägengeschichte ersparen können hätt ....

So. Dies war also nun das zweitwichtigste Stück für meine besondere Krippe.
Die ganzen Gräser, Sträucher, Blütenstände, Zapfen und Moose für die Landschaft konnte ich noch anderntags besorgen.
Und so konnt ich am folgenden Tag schon mit der konkreten Arbeit beginnen. Räumte erstmals - unter freudig-gespannter Erwartung meiner beiden Monsterkatzen Aruna und Imix, dem Drachen, mein Schnitzwerkzeug in die Küche. Sie waren bereits in Position, als ich mit Hammer und Meißel loslegte und übertrumpften sich gegenseitig im Fangen der davonfliegenden Scharten! Und eine Sekunde unachtsam von mir das Werkzeug abgelegt, schon haut Aruna mit dem Stemmeisen ab !
Naja, dann arbeit ich halt an der Stelle weiter, wo's mit dem Messer geht. Und - ein Wunder - daß ich den bei jedem Schnitzzug herschießenden Imix dabei nicht ebenso bearbeitet hab ...
(hilfe, er weiß wohl, was ich da gerade schreibe, weil er jetzt auf meinen Schoß gesprungen ist) Jedenfalls, bald schon war ein Josef geboren. - Dieses Ereignis wird ja in der Bibel nie erwähnt, aber es war trotzdem wichtig für die nachfolgenden Geschehnisse, weil selbst wenn das zukünftige Kindlein von einem anderen war, brauchte es doch einen Vater, der es in sicherer Gegend auf die Welt kommen lassen würde.
So waren denn auch bald die liebevolle Mutter Maria und das erwachte Jesukindlein geboren. Und zufrieden konnte ich mich zur Ruhe begeben.

Nun gings nur noch ums Zusammenbauen der Einzelteile.
Und da nirgens ein Krippenbausteckschwamm zu bekommen war, kaufte ich einfach einen Blumensteckschwamm, in dem ich die Krippenstäbchen reinsteckte und schön kreuzweise miteinander verleimte. Natürlich half mir eh Imix dabei, daß das Zeugs auch richtig dortstand. Weil einmal mit der Pratze draufgedonnert - und alles Schiefe war beseitigt !
(Ja, und wie unschuldig lieb er mich jetzt grad anschaut und schnurrt ... Engelchen möchte man ihn schon fast taufen)


Illustration von Isa-Lara

Voller neu geweckter Energien empfingen Imix und Aruna meine Schachtel mit den Gräsern, Stauden, Moosen und Zapfen, aus denen ich nun die Landschaft gestalten würde.
Legte mir die Ästchen schön am Boden auf, aus denen nun kleine Bäumchen und Gebüsche wurden. Und da schon die alten Ägypter ihre Löwen mit Gedankenkraft unter Kontrolle hatten, ohne der sie sonst sofort gefressen worden wären, konnte ich das natürlich mit links. Und keine der beiden Kuschelengelchens wagte auch nur eine Bewegung in meiner Gegenwart jetzt.

So baute ich also die Landschaft auf. Das Moos als flaches Gestrüpp, darin eingefädelt nun die fernöstlichen Blüten und Sträucher. Ganz links hinten würde der Ölbaum hinkommen. Rechts hinten der kleinere Baum und ganz vorne der Zapfen-Strauch und die roten Hagebutten-Granatäpfel.
Ging alles reibungslos von der Hand, ich hatte mittlerweile alle Trockensachen rund um mich herum aufgebreitet und geordnet und schon erste Sträucher angeleimt.
Und bei jedem Handgriff folgten 4 Katzenaugen dem Geschehn.
Ich war gerade dabei, den Flechten-Hinteraufbau zu richten, als das kleine Bäumchen wieder umkippte. Hops. Schnell war es wieder gerichtet. Irgendwie schien es noch nicht so stabil. Und ich fügte weitere Flechten hinzu, als das Bäumchen wieder umfiel. Na ? Rasch wurds wieder hineingesteckt und nun kamen schon die Blüten in die Flechtensträucher. Und mit einer unachtsamen Bewegung streifte ich das Bäumchen wieder um. Halleluja !! (war ja eine heilige Tätigkeit)
(Erster Fehler!)
Ich nahm es nun nochmals ganz heraus, bekleckerte es erneut mit Leim und steckte es bissi daneben wieder rein. - Da sah ich aus den Augenwinkeln, wie die bewegungslose Aruna mit einem Pratzenhieb den Leimdosendeckel an sich angelte. Meinetwegen. Den kann sie haben. (Zweiter Fehler!)

Während ich weitere Blüten vorsichtig zum Bäumchen ins Gestrüpp manövrierte, schoss Aruna nun den Deckel durch die sortierten Gräser. "Heee!!" Und sofort saß sie wieder brav und anständig auf ihrem Platz. Erneut sortierte ich die Sachen und raffte die davongeflogenen Teile wieder herzu. - Doch da ich mich umdrehte, sah ich Imix mit dem Zapfen davonhuschen ! - Sofort ihm nach, ihn auf den Boden festdrückend und ihm den Zapfen entrissen! Ha ! Erwischt ! MEIN Zapfen!
Hinter mir hörte ich noch den Leimdosendeckel durch die raschelnden Gräser fliegen, und beim Hinsehn dann wars Aruna hinterher ... Das reichte jetzt ! Ich stand auf und packte sie, um sie 2m weg zu setzen! Natürlich genügte das für Imix, um in jener Zeit seinen Zapfenball durchs Gesträuch zu schiessen ... und alles Fliegende im gleichen Zug auch noch mit einem Sprung wieder einzufangen ... wonach er halt so beiläufig in der Zeugs-Schachtel landete, welche umkippte und halt ein paar Gräser und Scharten und Blüten an seinem Fell hängen blieben ... welche aber beim Lauf über den Wohnzimmerteppich eh nach und nach wieder abfielen ...
Oweih, hier sah es aus ! Aber naja, war ja nicht so schlimm, sollen sie auch ihren Spaß haben. Allerdings brauchte ich jetzt den Zapfen und während ich ihn mir zurückerkämpfte, sah ich Aruna mit dem Josef abhaun. Er eignete sich anscheinend ausgezeichnet als Fußball. ... Und da ich ihn mit einem Machtwort wieder zurückbekam, hatte Imix meinen Ölbaum gefressen! Nun lief er wie geschmiert ... und meine Gräser und Sträucher konnte ich bis durchs Wohnzimmer suchen gehen ...
So, und jetzt wurden die Katzen vor die Tür gesetzt !

Als letztes also wurden noch die Figuren so reingesteckt, daß sie auch einen leichten Transport überstehen würden. Da dies ja ein Geschenk für mein Wichtelkind wurd.
Und da es schon einmal geschehen war, daß beim Öffnen des Pakets das Jesukindlein entschwunden war, mußte ich es irgendwie befestigen.
So bat ich meinen Chatbruder, den ich hier natürlich nicht nennen möchte wegen seiner blutrünstigen Ader in Verwandtschaft zu einem ebensolchen südamerikanischen Sternenvolk, mir Tipps zu geben, ob es besser wär, das Jesukindlein unauffällig mit einem Seil zu knebeln, oder eher mit einem roten Mascherl auf die Krippe zu schnallen.
"Festnageln" meinte der !!       
Gott möge gnädig mit ihm verfahren ---- .


Und so kam es nun, daß ich auch dieses Jahr wieder eine Weihnachtskrippe im Wohnzimmer aufgestellt hatte. Geschmückt mit Reisig und Misteln.
Und noch vor Heilig Abend wird es raus in die Welt ziehn, zu neuen Abenteuern.